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Abstract

Der seit der Finanzkrise zu beobachtende deutliche Anstieg der Kaufpreise für landwirtschaftliche Flächen hat in Deutschland sowie der Europäischen Union zu einer intensiven Diskussion über die Notwendigkeit einer weitergehenden Regulierung von Bodenmärkten geführt. Als eine der Ursachen dieses Preisanstiegs wird das verstärkte Interesse von Investoren an Agrarflächen genannt. Von agrarpolitischen Entscheidungsträgern und landwirtschaftlichen Interessengruppen wird die Sorge geäußert, Finanzinvestoren ohne landwirtschaftlichen Bezug könnten auf der Suche nach rentablen Anlagemöglichkeiten landwirtschaftliche Familienbetriebe vom Bodenmarkt verdrängen und somit deren Existenz gefährden. In diesem Zusammenhang unterbreitete Vorschläge zielen darauf ab, das Engagement von Finanzinvestoren am landwirtschaftlichen Bodenmarkt durch intensivere Regulierung des Marktes einzugrenzen. Allerdings stellt sich die Frage, inwiefern eine striktere Bodenmarktregulierung gerechtfertigt werden kann. Das Ziel dieses Beitrags besteht darin, die aktuelle Bodenmarktdiskussion mit empirischen Fakten zu fundieren und die Argumente aus ökonomischer Sicht zu hinterfragen. Wir analysieren insgesamt knapp 10.000 Kauffälle der BVVG in Ostdeutschland, die im Zeitraum zwischen 2007 und 2015 über Ausschreibungen getätigt wurden. Ein Vergleich juristischer und natürlicher Personen zeigt, dass beide Gruppen bei den Ausschreibungen der BVVG gleichermaßen zum Zuge kommen. Auch die Zahlungsbereitschaft für den Flächenerwerb unterscheidet sich nicht. Mit Blick auf die Rolle ausländischer Investoren ist festzuhalten, dass nur in 1 Prozent der untersuchten Transaktionen Flächen an diese Bietergruppe gehen, wobei sich die Gebote und die Zahlungsbereitschaft nur geringfügig von denen anderer Bieter unterscheiden, da sich Investoren in der Regel für größere Lose, die sich eigenständig verpachtet werden können, interessieren. Die weitere Analyse von Argumenten zur Rechtfertigung von Eingriffen in den landwirtschaftlichen Bodenmarkt zum Schutz vor Finanzinvestoren zeigt, dass diese mehrheitlich aus ökonomischer Sicht nicht tragfähig sind und keinen weiteren Eingriff in den Bodenmarkt rechtfertigen. Vor diesem Hintergrund entsteht der Eindruck, dass es sich bei Forderungen nach einer strengeren Regulierung um eine verkappte Leitbilddiskussion bzw. um eine Verteilungsdiskussion handelt. Es wird suggeriert, dass die „Konzentration“ von Bodenvermögen bzw. Anteilen an Agrarunternehmen in Händen überregionaler oder außerlandwirtschaftlicher Investoren zulasten einer nachhaltigen Landbewirtschaftung geht. Für diesen Zusammenhang gibt es allerdings bislang keine empirische Evidenz. Den Bodenmarkt zu regulieren, indem bestimmte Rechtsformen oder Betriebsgrößen diskriminiert bzw. bevorzugt werden, bedeutet unmittelbar Einfluss auf agrarstrukturellen Wandel zu nehmen. Dazu bedarf es eines Leitbildes, das es in dieser Eindeutigkeit bislang nicht gibt.

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