@article{Stecher:206114,
      recid = {206114},
      author = {Stecher, Kitty and Forstner, Bernhard},
      title = {Analyse der Betriebs- und Unternehmensstrukturen in der  deutschen Landwirtschaft: Zwischenbericht eines  Forschungsprojektes},
      address = {2015-05},
      number = {1422-2016-117670},
      series = {Thünen Working Paper},
      pages = {98},
      year = {2015},
      abstract = {Zusammenfassung
Die deutsche Landwirtschaft unterliegt  einem starken Strukturwandel, der sich vor allem in  einer
stark abnehmenden Anzahl der landwirtschaftlichen  Unternehmen bei gleichzeitig steigender
Größe der  verbleibenden Unternehmen zeigt. Diese Veränderungen, die  betriebliche und regionale
Konzentrationstendenzen  beinhalten, werden gesellschaftlich und politisch zunehmend  diskutiert.
Die infolge von Teilungen, Übernahmen und  Neugründungen entstehenden  komplexeren
Unternehmensstrukturen sind aus den  Offizialstatistiken nicht zu entnehmen. Gleichwohl ist  deren
Kenntnis eine wichtige Voraussetzung für Struktur-  und Einkommensanalysen in der Landwirtschaft
sowie für die  sektorale Politikberatung und -gestaltung.
Aus diesem Grund  untersucht das Thünen-Institut in einem aktuellen  Forschungsprojekt die Betriebs-
und Unternehmensstrukturen  in der deutschen Landwirtschaft und deren  maßgebliche
Einflussfaktoren. Zu diesem Zweck werden der  verfügbare Datenbestand ausgewertet, Experten
aus den  Bereichen Agrarstatistik, Betriebs- und Steuerberatung,  Finanzierung etc. befragt sowie
anhand von regionalen  Fallstudien eigene empirische Erhebungen durchgeführt. Nach  ersten
Arbeitsschritten im Projekt wurden im Oktober 2014  zahlreiche Experten zu einem Workshop in
Braunschweig  eingeladen, um erste Ergebnisse und offene Fragen zu  diskutieren. Dabei wurde
zunächst eine regionale  Pilotstudie des Thünen-Instituts zu Betriebsstrukturen in  der Landwirtschaft
vorgestellt. Anschließend wurden weitere  Beiträgen aus den Bereichen Agrarstatistik,
Steuer- und  Unternehmensberatung, sowie eine wissenschaftliche Analyse  der Einkommenskombinationen
in der Landwirtschaft  präsentiert und diskutiert. In drei Arbeitsgruppen  wurden
dann die aktuelle Situation und die künftigen  Möglichkeiten der Erfassung der Betriebs- und  Unternehmensstrukturen
in der deutschen Landwirtschaft  erörtert und abschließend im Plenum
zusammengefasst.
Im  vorliegenden Working Paper wird zunächst dargestellt,  welche projektrelevanten Informationen
aus der amtlichen  Agrarstatistik sowie aus anderen Datenquellen gewonnen  werden können.
Im Anschluss daran, werden die Beiträge und  Ergebnisse des Workshops zusammengefasst und
darauf  aufbauend Schritte für die weitere Vorgehensweise im  Untersuchungsprojekt abgeleitetEine wichtige Grundlage für  die Diskussion über Unternehmensstrukturen in der  Landwirtschaft
liegt in der Begriffsklärung für das häufig  in der Praxis zu findende Konstrukt von mehreren  landwirtschaftlichen
oder landwirtschaftsnahen Unternehmen  im Rahmen eines Familienverbundes.
Für diese Gruppe von  Unternehmen, bei der die Unternehmen wirtschaftlich (im  Rahmen der
Familie) zusammengehören, aber rechtlich  getrennt sind, fehlt bislang ein konkreter Terminus.
Nach  Rücksprache mit Experten bezeichnen wir dieses Konstrukt im  vorliegenden Arbeitsbericht
mit dem Begriff  „Unternehmensgruppe im Familienverbund“.
Verfügbare  Statistiken zu Betriebs- und Unternehmensstrukturen in der  Landwirtschaft
Im Rahmen des Projektes werden neben den  Informationen aus der amtlichen Agrarstatistik  die
Möglichkeiten einer Nutzung von verschiedenen  Verwaltungsdaten geprüft, um weitere Informationen über die  in der Praxis vorherrschenden Betriebs- und  Unternehmensstrukturen zu gewinnen.
Bei den Daten der  amtlichen Agrarstatistik handelt es sich im Wesentlichen um  solche, die auf
Vorgaben auf EU-Ebene beruhen. Dazu zählen  u. a. die Landwirtschaftszählung (LZ) und die  Agrarstrukturerhebung
(ASE). Die dabei zugrunde liegende  Erhebungseinheit ist der landwirtschaftliche
Betrieb als  wirtschaftlich-technische Einheit. In einigen  Bundesländern, wie z.B. in Niedersachsen
und  Schleswig-Holstein, werden bei Vorhandensein von mehreren  rechtlich selbständigen
Betrieben im Rahmen einer  wirtschaftlichen Einheit auch Teilbetriebe erhoben, die  zusammen
mit dem Hauptbetrieb zu einem Gesamtbetrieb  aggregierbar sind. Da gewerbliche Betriebe
mit Ausnahme des  Bereichs Tierhaltung nicht erfasst werden, liegen zu  landwirtschaftsnahen
Einkommenskombinationen nur sehr  eingeschränkt Daten vor.
Die bislang geprüften  Verwaltungsdaten umfassen Daten der Sozialversicherung für  Landwirtschaft,
Forsten und Gartenbau (SVLFG), der  Niedersächsischen Tierseuchenkasse, des  Integrierten
Verwaltungs- und Kotrollsystems (InVeKoS) zur  Abwicklung und Kontrolle von Zahlungen im
Rahmen der  EU-Fördermaßnahmen sowie das Herkunftssicherungs- und  Informationssystem für
Tiere (HIT). Zahlreiche  Expertengespräche ergaben, dass diese Datenquellen keine  wesentlichen
zusätzlichen Informationen zu denen der  amtlichen Agrarstatistiken liefern können. Gründe  hierfür
sind inhaltliche, datenschutzrechtliche und auch  technische Hürden.
Pilotstudie in drei niedersächsischen  LandkreisenIn den drei niedersächsischen Landkreisen Peine,  Nienburg und Vechta mit sehr  unterschiedlichen
landwirtschaftlichen  Produktionsstrukturen wurde vom Thünen-Institut eine  Pilotstudie
durchgeführt. Dabei konnte mit Hilfe von  Experteninterviews gezeigt werden, dass z. T.  erhebliche
Unterschiede zwischen den tatsächlichen  Betriebs- und Unternehmensstrukturen und den
Informationen  aus den amtlichen Agrarstatistiken bestehen. So werden in  dem viehstarken Landkreis
Vechta häufig mehrere Unternehmen  im Familienverbund gehalten. In den meisten Fällen
ist dies  eine Folge der Teilung oder Neugründung von Unternehmen,  die sich durch Anpassung an
steuerliche Regelungen ergeben,  um Vorteile der steuerlichen Zuordnung zur Landwirtschaft  zu
erhalten. Besonders hervorzuheben sind hier die  gestaffelte Vieheinheitenregelung sowie die
Einordnung von  Energieerzeugung und anderer landwirtschaftsnaher  Diversifizierungsaktivitäten
(ab bestimmten  Größenordnungen) als Gewerbe. Dies führt in allen drei  Landkreisen zu einer
Vielschichtigkeit der vorherrschenden  Strukturen der Gesamtunternehmen, welche nicht durch
die  verfügbaren Agrarstatistiken wiedergegeben werden kann.
Die  weiteren Workshop-Beiträge von externen Referenten umfassen  folgende Blickwinkel: (a)
Steuerrecht, (b) Praxis der  Unternehmensberatung, (c) Agrarstatistik und (d)  Einkommenskombinationen
in Bayern.
(a) Komplexere  Unternehmensstrukturen durch steuerrechtliche  Anpassungen
Der erste Beitrag von Marcel Gerds (StB) hat  den Titel „Wesentliche Einflussfaktoren für die  zunehmende
Komplexität der landwirtschaftlichen  Unternehmensstruktur – Schwerpunkt Steuerrecht“. Nach  seiner Einschätzung kommt die Teilung eines  landwirtschaftlichen Unternehmens in
mehrere  organisatorisch, wirtschaftlich und rechtlich getrennte  Einheiten in der Praxis häufig vor.
Dabei kann die  Aufteilung von Unternehmen verschiedene Gründe haben, die  sowohl dem steuerlichen
als auch dem außersteuerlichen  Bereich zuzuordnen sind. Als wesentliche steuerliche
Motive  nennt er (a) die Steuerersparnis bei der Einkommensteuer  durch Progressionsabschwächung,
(b) die Vermeidung von  Gewerblichkeit durch Ausgliederung von Aktivitäten und (c)  die
Mehrfachnutzung von Vorteilen kleiner Einheiten (z. B.  Freibeträge, Sockelförderung). Die einzelnen
Aspekte wurden  jeweils differenziert dargestellt. Bei den  außersteuerlichen Gründen, die zu
einer Unternehmensteilung  führen können, werden die räumlich-geografische Trennung,  Zahlungen
der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) , Regelungen  des Haftungs- und Baurechts, die  Investitionsförderung
sowie die schrittweise  Unternehmensübergabe genannt.
Herr Gerds stellt fest, dass  viele Unternehmen nur aus steuerlichen Gründen bestünden  und daher
in der Statistik ein verzerrtes Bild der  Agrarstruktur entstehe. Diese Kenntnislücken im Bereich
der  Betriebsstrukturen hätten Auswirkungen auf die  Möglichkeiten, die Einkommenssituation
land- und  forstwirtschaftlicher Unternehmen zutreffend zu erfassen.  Er sieht neben zahlreichen
Vorteilen der Anpassung an die  rechtlichen Rahmenbedingungen aber auch die Gefahr,  dass
insbesondere steuerrechtlich initiierte  Unternehmensteilungen derart komplex und aufwändig
werden  könnten, dass dies zu Einschränkungen der  Wettbewerbsfähigkeit des Agrarsektors führen
könnte.
(b)  Praktische Relevanz von komplexeren Unternehmensstrukturen  in der Landwirtschaft
Für das Land Mecklenburg-Vorpommern  stellt Monika Berlik (LMS Agrarberatung) die  strukturellen
Veränderungen im letzten Jahrzehnt in  aggregierter Form und anhand von  unterschiedlich
strukturierten Fallbeispielen aus der  Beratungspraxis dar. Aus ihrer Sicht haben sich in den  letzten
20 Jahren in Mecklenburg-Vorpommern, insbesondere  in der Kombination von landwirtschaftlichen
und  gewerblichen Unternehmen, z. T. komplexe und vielseitige  Unternehmensstrukturen
entwickelt. Deutliche Zunahmen sind  v. a. bei den Rechtsformen Kommanditgesellschaft
(KG,  GmbH&Co.KG) und GmbH zu beobachten, während sowohl viele  kleine Nebenerwerbsbetriebe Nebenerwerbsbetriebe
in Form  von Einzelunternehmen als auch zahlreiche  Agrargenossenschaften die selbständig
betriebene  Landwirtschaft aufgaben. Durch Anpassungen an veränderte  Rahmenbedingungen
und betriebliche Situationen sind unter  dem Einfluss von Rechts-, Steuer- und  Unternehmensberatung
gesellschaftsrechtliche  Unternehmensstrukturen entstanden, die sich an den  Strukturen in
der gewerblichen Wirtschaft orientieren. Um  die entstandenen Strukturen zu verstehen, sind  die
Betrachtung der Ausgangssituation, des steuerlichen  Zusammenspiels von Landwirtschaft und
Gewerbe sowie die  Analyse der handelnden Personen und Eigentümer  erforderlich. Anhand von
vier Praxisbeispielen mit  zunehmendem Komplexitätsgrad zeigt Frau Berlik, welche  Anforderungen
sich daraus für die Agrarstatistik ergeben  können.
(c) Erfassung landwirtschaftlicher Betriebe in der  amtlichen Agrarstatistik
Der Beitrag von Torsten Blumöhr  (StBA) beschäftigt sich mit der Erfassung  landwirtschaftlicher
Betriebe in der amtlichen  Agrarstatistik. Das Betriebsregister Landwirtschaft ist  dabei die zentrale Grundlage für agrarstatistische  Erhebungen. Es enthält sämtliche Betriebe mit Angaben zu  Hilfs-
(Name, Adresse) und Fachmerkmalen (z. B. Flächen,  Tierzahlen). Dieses Register wird durch das
Einpflegen von  Verwaltungsdaten und Primärerhebungen ständig aktualisiert  und qualifiziert. Die
Definition des Betriebs in  statistischen Sinn ist dabei im EU-Recht und im nationalen  Agrarstatistikgesetz
geregelt. Ein Betrieb ist danach eine  technisch-wirtschaftliche Einheit mit einer  einheitlichen
Betriebsführung. In der Regel entspricht der  Betrieb einer eigenständigen Rechtsperson
und einer  Einheit, an welche die Verwaltungskennnummern aus diversen  Verwaltungsdatenquellen
gekoppelt sind. Steuerliche  Zu-/Einordnungen sind dagegen nicht relevant. Die Betriebe  werden
in der Agrarstatistik nach dem Betriebssitz  lokalisiert, d. h. auf dem Grundstück, wo sich  die
(wichtigsten) Wirtschaftsgebäude befinden. Bis auf  einige Sonderfälle werden sämtliche Flächen
und Tiere auf  den Betriebssitz konsolidiert.
Seit 2014 wird ein  zweistufiges Einheitenmodell mit den Ebenen Betrieb  (Erhebungseinheit) und
Gesamtbetrieb (Darstellungseinheit)  verwendet, um die Betriebsstrukturen in  agrarstatistischen
Berichten darzustellen. Dies dient u. a.  einer realitätsnäheren Abbildung z. B. von rechtlich  getrennten,
aber wirtschaftlich nicht autonomen Einheiten  (z. B. Betriebsverflechtungen). Allerdings
ist die Bildung  von Gesamtbetrieben aus Betrieben für die statistischen  Ämter optional und
wird von diesen in unterschiedlichem Maß  genutzt.
Die in den Agrarstatistiken gewählten Definitionen  und Abgrenzungen können im Hinblick auf
bestimmte  Fragestellungen (z.B. landwirtschaftlicher Haushalt,  Einkommenskombinationen) zu
Problemen führen. Der Fokus  liegt ausschließlich auf dem landwirtschaftlichen Betrieb,  unabhängig
davon, wie eng dieser mit zusätzlichen  selbständigen nichtlandwirtschaftlichen und  landwirtschaftlichen
Betrieben verbunden ist.
(d) Erfassung  der Einkommenskombinationen landwirtschaftlicher  Unternehmen in Bayern
Frau Weinberger-Miller (LfL) geht der  Frage nach, welche Bedeutung Einkommenskombinationen
(EKK)  in landwirtschaftlichen Unternehmen und Haushalten in  Bayern tatsächlich, d. h. auch unter
Berücksichtigung der  gewerblich geführten Standbeine, haben. Gewerblich geführte  Betriebszweige
entstehen, wenn die EKK in ihrem Umfang,  ihrer Art oder in ihrer Intensität  Gewerblichkeitsgrenzen
überschreitet. Diese werden nicht in  der amtlichen Agrarstatistik erfasst. Zu diesem
Zweck hat  die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)  zeitgleich mit der LZ 2010 eine
zusätzliche Erhebung zu EKK  durchgeführt. Beim Vergleich der ermittelten Daten mit  denen der
LZ 2010 differiert insbesondere die Häufigkeit  von EKK. Während die LZ den Anteil von Betrieben
mit EKK  auf 38,5 % beziffert, weist die zeitgleich durchgeführte  Bestandsaufnahme der LfL (rund
1.000 auswertbare  Fragebögen) einen Anteil von 61,1 % auf. Dabei handelt es  sich bei knapp
55 % der Betriebe um Gewerbetriebe im  Diversifizierungsbereich. In der LZ 2010 betreiben  aufgrund
der Abgrenzung zu gewerblichen  Diversifizierungsaktivitäten lediglich 17 % der  bayerischen
Betriebe EKK im Bereich der erneuerbaren  Energien, die steuerlich als Nebenbetrieb der  Landwirtschaft
ohne eigene Buchführung eingeordnet sind.  Auf Basis der Daten der LfL-Erhebung engagieren
sich  dagegen 41 % aller befragten Betriebe in der  Energieproduktion, wobei dies fast
alle (95 %) in Form  eines separaten Gewerbebetriebes tun. Oftmals haben die  Betriebe sogar mehrere EKK-Geschäftsbereiche, bei denen der  Betrieb von Fotovoltaikanlagen besonders  häufig
vorkommt.
Es konnte mit der LfL-Erhebung gezeigt  werden, dass sich bei einem direkten Vergleich von  Daten
der Agrarstatistik mit denen der Bestandsaufnahme  z.T. erhebliche Differenzen, insbesondere in
Bezug auf die  Häufigkeit von EKK, ergeben. Vielfach dürften die  Unterschiede zwischen den Erhebungen
auf  Abgrenzungsprobleme der EKK und der landwirtschaftlichen  Urproduktion zurückzuführen
sein.
Ergebnisse der drei  Arbeitsgruppen (AG)
In der ersten AG wurde die Bedeutung  von Unternehmensverbindungen in der Praxis diskutiert.
Nach  Ansicht der Experten (v. a. Steuer-, Unternehmensberatung,  Banken) sind Unternehmensverbindungen
in der Praxis die  Regel. Allerdings beziehen sich die Einschätzungen nur auf  Entwicklungen
im Nordwesten und im Osten Deutschlands sowie  auf tendenziell größere Unternehmen,
welche die  Dienstleistungen der Experten in Anspruch nehmen. Wenn  PV-Anlagen unberücksichtigt
bleiben, schätzen die Experten  den Anteil der landwirtschaftlichen Unternehmen  mit
mindestens zwei Teilunternehmen (mit eigener  Buchführung) auf 50 % bis 60 %. Die Struktur  dieser
Verbindungen ist jedoch in der Regel nicht als  komplex zu bezeichnen, da sich die Unternehmen
zum  überwiegenden Teil lediglich aus zwei oder drei  Landwirtschafts- oder landwirtschaftsnahen
Teilunternehmen  zusammensetzen. Die Experten sehen deutliche Abweichungen  zwischen
den Unternehmensstrukturen in der Praxis und den  in der Agrarstatistik abgebildeten Strukturen.Die steigende  Anzahl und veränderte Form der Unternehmensverbindungen  resultiert nach Ansicht
der Experten vor allem aus  Veränderungen in den Bereichen Energieerzeugung (EEG)  und
Tierhaltung in den letzten Jahren. In einigen Bereichen  der Landwirtschaft (v. a. Veredlungswirtschaft)
herrschen  teilweise wenig transparente Strukturen, sodass die  Eigentums-, Beteiligungsund
Einflussverhältnisse nicht  genau bekannt sind. In den neuen Ländern entwickeln sich  bei vielen
juristischen Personen im Zuge des  Generationswechsels neue Beteiligungsverhältnisse,  wobei
überwiegend Investoren aus der Landwirtschaft aktiv  sind. Insgesamt sehen die Experten derzeit
keine Zunahme  der Konzentration durch horizontale und vertikale  Kooperationen.
In der zweiten AG wurde die Aussagekraft der  amtlichen Agrarstatistik – Landwirtschaftszählung
(LZ),  Agrarstrukturerhebung (ASE) – und der Testbetriebsstatistik  im Hinblick auf die realen Betriebs-
und  Unternehmensstrukturen diskutiert. Die Experten stimmten  überein, dass sowohl die
Agrarstatistik als auch die  Testbetriebe Strukturen von Unternehmensverbünden  unvollständig
erfassen. Die wesentlichen Gründe bei der  Agrarstatistik sind die fehlende Erhebung von  gewerblichen
landwirtschaftsnahen Standbeinen und die  eingeschränkte Erfassung von rechtlich  selbständigen
Betrieben im Familienverbund. Da alle Inhalte  der amtlichen Agrarstatistik durch die
Politik und  Rechtsgrundlagen vorgegeben werden, müssten aus Sicht der  anwesenden Statistiker
Anpassungen bestehender Erhebungen  auf EU-Ebene initiiert werden. Das neu programmierte  Betriebsregister Landwirtschaft wird in den nächsten Jahren  (auf jeden Fall bis zur nächsten LZ)
nicht verändert.
Für  eine bessere Erfassung der Unternehmensverbindungen im  Testbetriebsnetz wären nach Einschätzung
der Experten  deutlich mehr Finanzmittel zur Kompensation der  Zusatzkosten durch die
Erstellung von konsolidierten  Gesamtbilanzen erforderlich. Der Konflikt zwischen höherem  Zeitbedarf
der Buchstellen für die Konsolidierung und  Verkürzung der Frist zur Übermittlung der Daten
für das  FADN müsste aufgelöst werden. Die erhöhten Anforderungen  dürften wegen der
Freiwilligkeit der Teilnahme am  Testbetriebsnetz zu Problemen der Aussagekraft  (Repräsentativität)
der Daten führen. Zu deren Verbesserung  werden seit dem Wirtschaftsjahr 2012/2013  zusätzliche
Informationen zu landwirtschaftsnahen  gewerblichen Tätigkeiten erfasst.
Die dritte AG befasste  sich damit, inwieweit unternehmensstrukturelle und  einkommensbezogene
Entwicklungen in der Landwirtschaft  statistisch überhaupt erfasst werden können. Die  Experten
sehen vor allem definitorische und  Abgrenzungsprobleme. Am Beispiel der Erzeugung  erneuerbarer
Energien (z. B. Biogas) wird deutlich, dass  zwischen dem Betreiben einer eigenen Anlage
und der reinen  Kapitalbeteiligung an einer gemeinschaftlich betriebenen  Biogasanlage ein großer
Unterschied besteht, der zu  Abgrenzungsproblemen führt. Wenn aus inhaltlichen Gründen  der
Unternehmerhaushalt und nicht der Betrieb im  Mittelpunkt steht, wären andere Variablen zu
erfassen.. Die  Wahl der Bezugsebene setzt in erster Linie die Klärung der  Fragen seitens der Politik
voraus, was mit Hilfe der  Statistik analysiert werden soll (z. B. Einkommen in der  Landwirtschaft
oder Einkommenslage der landwirtschaftlichen  Haushalte) und was mithin Verantwortungs-
und  Gestaltungsbereich der Politik ist bzw. sein soll. In jedem  Fall, sei es im Rahmen einer
Erweiterung der vorhandenen  Erhebungen oder ergänzender neuer Erhebungen, würden  Mehrkosten
anfallen, für die keine Mittel vorhanden  sind.Die Konsolidierung von Jahresabschlüssen zur  Darstellung der wirtschaftlichen Gesamtsituation
einer  Unternehmensgruppe im (Familien-)Verbund ist aus Sicht der  Experten aufwändig und derzeit
in der Praxis nur wenig  verbreitet. Gegenwärtig sind Unternehmensverbunde nicht für  das
Testbetriebsnetz vorgesehen. Diese werden meist im  Vorfeld aussortiert. Die Aussagekraft  des
Testbetriebsnetzes ist dadurch insbesondere  hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage von größeren
und  gewinnstarken Gesamt-Unternehmen deutlich  eingeschränkt.
Fazit
Der Expertenworkshop bestätigte, dass  die Zunahme an landwirtschaftlichen  Unternehmensverbunden,
die durch Teilungen, Fusionen oder  Neugründungen im Rahmen von Familien oder  Unternehmenspartnern
entstehen, für sektorale Analysen und  Aussagen relevant ist. Vor allem
steuerliche Regelungen  (Abgrenzung von Landwirtschaft und Gewerbe, z.B. durch  Vieheinheitengrenzen)
führen zu komplexeren  Unternehmensstrukturen. Diese können aufgrund der  geltenden
Rechtsvorgaben für die amtliche Agrarstatistik  nur unvollständig erfasst werden. Für die Darstellung
der  Einkommenslage in der Landwirtschaft mit Hilfe des  Testbetriebsnetzes ergeben sich
ebenfalls Lücken,  insbesondere hinsichtlich wachstumsorientierter größerer  Unternehmen mit den Schwerpunkten tierische Veredlung und  landwirtschaftsnahe Einkommenskombinationen.
Auf dem  Workshop wurde außerdem deutlich, dass es entscheidend ist,  die Begriffe Betrieb, Unternehmen,
Unternehmensgruppe usw.  zu definieren und abzugrenzen. Insbesondere bei  der
Festlegung des in Abhängigkeit vom Nutzungsziel  relevanten Konsolidierungskreises besteht jedoch
noch  weiterer Diskussions- und Forschungsbedarf. Da  Veränderungen bei den Inhalten der
Datenerhebung sehr gut  begründet und präzise vorgetragen werden müssen, sind  empirische
Belege anhand von (weiteren) regionalen  Fallstudien sinnvoll.},
      url = {http://ageconsearch.umn.edu/record/206114},
      doi = {https://doi.org/10.22004/ag.econ.206114},
}