@article{Kuhnert:177307,
      recid = {177307},
      author = {Kuhnert, Heike and Behrens, Gesine and Hamm, Ulrich and  Mueller, Henriette and Nieberg, Hiltrud and Strohm, Renate  and Sanders, Juern},
      title = {Ausstiege aus dem ökologischen Landbau: Umfang – Gründe –  Handlungsoptionen},
      address = {2013-04},
      number = {1421-2016-117604},
      series = {Thünen Report},
      pages = {21,226. A1-69},
      year = {2013},
      abstract = {Zusammenfassung
Hintergrund und Ziele der Studie
Seit 1990  ist in Deutschland ein stetiger Zuwachs im Ökolandbau zu  verzeichnen. Die
ökologisch bewirtschaftete Fläche hat sich  mehr als verzwölffacht und die Anzahl der Betriebe
mehr als  versiebenfacht. Ende 2011 wurden erstmals mehr als eine  Million Hektar
landwirtschaftlicher Nutzfläche von  insgesamt 22.506 Betrieben ökologisch  bewirtschaftet.
Angesichts der steigenden Nachfrage nach  ökologisch erzeugten Produkten ist in den
kommenden Jahren  ein weiteres Wachstum zu erwarten.
Die oben genannten  Zahlen geben die tatsächliche Wachstumsdynamik im  ökologischen
Landbau allerdings nur bedingt wieder. Sie  stellen lediglich den Nettoeffekt dar, der sich
aus der  Differenz zwischen Neuumstellern und Aussteigern aus der  ökologischen Landwirtschaft
ergibt. Die Gruppe der  Aussteiger stand bisher wenig im Fokus der  öffentlichen
Diskussion, was angesichts des positiven  Nettoeffekts durchaus nachvollziehbar ist.  Dementsprechend
gab es bislang wenig detaillierte  Informationen zu den Ausstiegen aus dem
Ökolandbau. Die  Daten der Bundesanstalt für Landwirtschaft (BLE) zu den  jährlichen
Abmeldungen bei den bundesweit tätigen  Kontrollstellen eignen sich für eine entsprechende
Analyse  nur bedingt, da ein Kontrollstellenwechsel und betriebliche  Änderungen
wie Besitzerwechsel oder Betriebsteilungen in  die Statistik ebenso einfließen wie ein Ausstieg
aus der  ökologischen Landwirtschaft. Unklar ist zudem, wie viele  der gemeldeten
Aussteiger die Landwirtschaft vollständig  aufgeben, wie viele zur konventionellen  Bewirtschaftung
zurückkehren und was die Gründe dafür  sind.Die hier beschriebenen Informationslücken zu schließen  und Ansatzpunkte zur Vermeidung
von Rückumstellungen  aufzuzeigen, waren die Ziele der vorliegenden Arbeit.  Ausgangspunkt
hierfür war die Überlegung, dass für die  politisch erwünschte Ausdehnung des
ökologischen Landbaus  nicht nur weitere Neueinsteiger, sondern auch möglichst  wenige
Rückumsteller erforderlich sind.
Methodisches  Vorgehen
Aufbauend auf einer Auswertung der internationalen  Literatur zu Ausstiegen aus dem
ökologischen Landbau wurden  im Rahmen dieser Arbeit folgende Analysen  durchgeführt:
Befragung von Experten des ökologischen  Landbaus zum Thema Ausstiege aus dem
ökologischen Landbau  und Möglichkeiten zu deren Vermeidung. Ergänzt wurde di  eser
Schritt um die Auswertung von Daten ökologischer  Anbauverbände zu rückumgestellten
ehemaligen  Mitgliedsbetrieben.Auswertung der Daten des Statistischen  Bundesamtes zur Ermittlung der quantitativen
Bedeutung von  Ausstiegen aus dem ökologischen Landbau im Zeitraum 2003  bis
2010. Dabei wurde zwischen Betrieben, die komplett aus  der Landwirtschaft ausgeII
Zusammenfassung
schieden sind  und solchen, die auf eine konventionelle Bewirtschaftung  rückumgestellt
haben, unterschieden.
Bundesweite  schriftliche Befragung aller landwirtschaftlichen  Erzeugerbetriebe, die
sich zwischen 2003 und 2009 von der  EU-Ökokontrolle abgemeldet hatten. Aus den
Rückläufen der  Fragebögen konnten zwei Datensätze gebildet und ausgewertet  werden:
Ein Datensatz mit 338 Betrieben, die mit dem  Ausstieg aus dem Ökolandbau den
Betrieb vollständig  aufgegeben haben, sowie ein Datensatz mit 388 ehemaligen  Ökobetrieben,
die zum konventionellen Landbau zurückgekehrt  sind.
Persönlich geführte, problemzentrierte Interviews mit  29 Betriebsleitern, bei denen
die Gründe für die  Rückumstellung sowie die damit einhergehenden  Entscheidungsprozesse
im Mittelpunkt standen.Die  Untersuchungsergebnisse wurden in vier regionalen Workshops  mit Praktikern und
Experten des ökologischen Landbaus aus  den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und
Administration  reflektiert. Darauf aufbauend wurden mögliche Ansatzpunkte  zur Vermeidung
von Rückumstellungen abgeleitet. Die  wichtigsten Ergebnisse und Erkenntnisse dieser
Arbeit  werden im Folgenden dargestellt.
Ausstiege aus dem  Ökolandbau bislang kein Thema
In der Forschung gibt es  bisher nur sehr wenige Arbeiten, die sich mit dem Ausstieg  aus
dem ökologischen Landbau beschäftigt haben. Im Rahmen  der Recherchen wurden lediglich
fünfzehn Untersuchungen zu  diesem Thema in sechs EU-Ländern (Dänemark,  Estland,
Großbritannien, Irland, Italien und Österreich)  sowie in Norwegen, der Schweiz und
den USA identifiziert.  Die Ergebnisse dieser Arbeiten weisen darauf hin, dass für  viele
Landwirte eine Umstellung auf ökologischen Landbau  keine unumstößliche Grundsatzentscheidung
ist und eine  Rückumstellung erfolgt, falls die ökonomischen Erwartungen  nicht
erfüllt werden, die Erfahrungen mit der Kontrolle und  Zertifizierung mehrheitlich negativ
sind oder  produktionstechnische Probleme der ökologischen  Bewirtschaftung nicht zufri edenstellend
gelöst werden  können.Auch die Verbände des ökologischen Landbaus sowie  staatliche Institutionen haben sich
bisher nicht oder nur  am Rande mit dem Thema des Ausstiegs aus der  ökologischen
Landwirtschaft beschäftigt, wie die Ergebnisse  der Expertenbefragung zeigen. Die in den
letzten beiden  Jahrzehnten insgesamt positive Entwicklung des ökologischen  Landbaus in
Deutschland hat den „Blick hinter die Zahlen“  offenbar mehrheitlich nicht erforderlich
gemacht. Die zu  diesem Thema befragten Experten vertraten überwiegend die  Ansicht,
dass Ausstiege aus der ökologischen Produktion vor  allem im Kontext strukturwandelbedingter
Betriebsaufgaben  stattfinden. Eine Rückumstellung auf eine konventionelle  Produktion
beschränke sich hingegen auf wenige Einzelfälle,  die vor allem im Zusammenhang
mit der Bioenergieproduktion  bzw. zunehmendem Flächenmangel, hohen Pachtpreisen
und  wirtschaftlich attraktiveren Einkommensmöglichkeiten  stünden.Etwa 5 Prozent der Ökobetriebe steigen jährlich  aus
Im Gegensatz zu den Experteneinschätzungen  verdeutlichen die Daten der Agrarstrukturerhebungen
und der  Landwirtschaftszählung, dass in den letzten Jahren in  Deutschland
eine nicht unerhebliche Anzahl an Betrieben aus  der ökologischen Produktion ausgesti egen
ist. Gemäß den  Auswertungen der statistischen Daten wurden zwischen 2003  und
2010 jährlich 191 Betriebe bzw. 1,4 Prozent der  ökologisch bewirtschafteten Betriebe
aufgegeben. Darüber  hinaus gingen im Durchschnitt 415 Betriebe bzw. 3,3 Prozent  der
Ökobetriebe pro Jahr durch eine Rückumstellung auf eine  konventionelle Wirtschaftsweise
verloren. Diese Zahlen  verdeutlichen, dass Betriebsaufgaben und  Rückumstellungen
den Nettozuwachs im ökologischen Landbau  deutlich vermindern. Statistisch gesehen
standen zwischen  2003 und 2010 jedem Neuumsteller 0,4 Rückumsteller und 0,2  Betriebsaufgeber
gegenüber. Es zeigt sich allerdings auch,  dass, anders herum betrachtet, jedes
Jahr etwas mehr als 95  Prozent der Ökobetriebe an der ökologischen  Bewirtschaftung
festhalten.
Betriebsaufgaben führen zu  Flächenverlusten im Ökolandbau Dass Ökobetriebe die  landwirtschaftliche Produktion strukturwandelbedingt  einstellen, ist
keine neue Erkenntnis. Bemerkenswert ist  allerdings der Umstand, dass mit 1,4 Prozent
die jährliche  Aufgaberate zwischen 2003 und 2010 im Vergleich zur  konventionellen
Landwirtschaft mit 2,7 Prozent deutlich  geringer ausfiel. Dieser Unterschied ist jedoch
vermutlich  nicht ausschließlich auf das Bewirtschaftungssystem,  sondern auch auf andere
Faktoren (beispielsweise eine  unterschiedliche Altersstruktur) zurückzuführen. Dass  Betriebsaufgaben
im ökologischen Landbau dem Ziel einer  Ausweitung dieser Wirtschaftsweise
entgegenwirken,  offenbart die Analyse über den Verbleib der Flächen der  ehemal igen
Ökobetriebe. Gemäß der bundesweiten Befragung  der aufgegebenen Ökobetriebe
wurden 61 Prozent der Flächen  von konventionell bewirtschafteten Betrieben übernommen
und  gingen somit dem ökologischen Landbau verloren. Bezogen auf  alle zwischen
2003 bis 2010 aufgegebenen Ökobetriebe wäre  dies eine Fläche von rund 27.000 Hektar.Gründe für die  Betriebsaufgabe mehrheitlich nicht öko-spezifisch
Wie zu  erwarten, gibt es auch im ökologischen Landbau einen  Zusammenhang zwischen
der Betriebsaufgabe und der  Erwerbsform, der Betriebsgröße sowie dem Alter des  Betriebsleiters.
So kommen überdurchschnittlich hohe  Aufgaberaten bei den Nebenerwerbsbetrieben,
in flächenarmen  Betrieben (< 20 ha LF) und bei Betriebsleitern über 65  Jahren
vor. Wie die Auswertung der Strukturdaten zeigt,  sind es vor allem Obst - und Gartenbaubetriebe
sowie Schaf-  und Ziegenbetriebe, die mit der Produktion aufhören,  während vollständige
Betriebsaufgaben unter den  Milchviehbetrieben relativ selten vorkommen.
Die Ergebnisse  der bundesweiten Befragung zeigen, dass die Aufgabe der  Ökobetriebe
vor allem aus ökonomischen Gründen erfolgt. Die  befragten Betriebsleiter stuften die
wirtschaftliche Basis  ihrer Betriebe als nicht ausreichend ein und bezeichneten  diese als
für eine Weiterführung zu klein. Gründe, die  speziell mit dem ökologischen Landbau im Zusammenhang  stehen, waren für die Aufgabe des Betriebes von  untergeordneter Bedeutung.
Aufgegebene und rückumgestellte  Betriebe ähneln sich
Wie eingangs beschrieben gab die  Mehrzahl der aus dem Ökolandbau ausgestiegenen Betriebe
die  landwirtschaftliche Produktion nicht vollständig auf,  sondern bewirtschaftete
den Betrieb konventionell weiter.  Anhand der Daten aus der Agrarstrukturerhebung zeigt
sich,  dass es hinsichtlich der Betriebsstruktur zwischen den  beiden Gruppen einige Parallelen
gibt. Wie bei den  aufgegebenen Betrieben war der Anteil der Rückumsteller  relativ
hoch bei Schaf- und Ziegenbetrieben. Relativ stark  betroffen waren auch Rindermastbetriebe,
während Betriebe  mit Schwerpunkt Feldgemüse- und Kartoffelanbau eher  selten
auf eine konventionelle Wirtschaftsweise  rückumstellten. Ferner handelte es sich bei  den
Rückumstellern mehrheitlich um Nebenerwerbsbetriebe.  Auch bei der Flächenausstattung
gibt es eine Parallele zu  den Betriebsaufgaben: Rückumstellungen kommen in  flächenarmen
Betrieben deutlich häufiger vor. Allerdings  trugen die flächenarmen Betriebe unterdurchschnittlich
zu  den Flächenverlusten bei. So machten flächenstarke  Betriebe
(> 200 ha LF) zwischen 2003 und 2010 weniger als 4  Prozent der rückumgestellten Betriebe
aus, nahmen aber  einen Anteil an der rückumgestellten Fläche von über 40  Prozent ein.
Durch die bundesweite Befragung der  Rückumstellungsbetriebe konnten weitere Merkmale
von  rückumgestellten Betrieben erhoben werden. Demnach zeichnen  sich die rückumgestellten
Betriebe durch folgende Merkmale  aus:
Überdurchschnittlich häufig stellten Betriebsleiter in  höherem Alter (55 Jahre und älter)
wieder auf eine  konventionelle Wirtschaftsweise um. Die Hofnachfolger  dieser
Betriebsleiter scheinen sich wieder konventionell  orientiert zu haben.
Die Angaben der Betriebsleiter zur  Dauer der ökologischen Bewirtschaftung ihres  Betriebes
offenbarten, dass sich zwei Drittel der befragten  Rückumsteller in der ersten
oder zweiten Förderperiode  gegen eine Weiterführung des Ökolandbaus entschieden.
Das  heißt, zwei Drittel der befragten Rückumsteller haben  maximal zehn Jahre ökol ogisch
gewirtschaftet.
Der Anteil  der Betriebsleiter, die vor 1989 auf ökologischen Landbau  umgestellt haben,
war bei den Rückumstellern deutlich  niedriger als bei den heute ökologisch wir  tschaftenden
Betrieben. Der Anteil der Betriebe, die erst  nach 2000 auf Ökolandbau
umgestellt haben, ist dagegen bei  den rückumgestellten Betrieben deutlich höher.  Die
Rückumstellung scheint mit zunehmender Dauer  ökologischer Bewirtschaftung weniger
wahrscheinlich zu  werden.
Bezüglich der Mitgliedschaft in einem der  Anbauverbände des ökologischen Landbaus
ergab die Analyse  vergleichsweise geringere Rückumstellungsquoten bei Betri  eben,
die sich einem Anbauverband angeschlossen  hatten.Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass das  Ausbildungsniveau und die Inanspruchnahme
von externer  Beratung eine Rolle spielen. So wurden rückumgestellte  Betriebe
vergleichsweise häufiger von Betriebsleitern ohne  formale landwirtschaftliche Ausbildung
geführt und haben  während der Zeit der ökologischen Bewirtschaftung  vergleichsweise
weniger externe Beratung in Anspruch  genommen.
Ökonomische Gründe für die Rückumstellung häufig  entscheidend
Wie die Befragungsergebnisse weiter zeigen,  spielten ökonomische Aspekte bei der Entscheidung
der  Landwirte zur konventionellen Wirtschaftsweise  zurückzukehren insgesamt
eine relativ große Rolle. Von  Bedeutung waren vor allem fehlende Einkommensverbess  erungen
bzw. ein insgesamt zu geringes Einkommen,  Vermarktungsprobleme, zu geringe
Preisaufschläge für  Ökoprodukte sowie zu niedrige oder gekürzte Ökoprämien.  Weitere
wichtige ökonomische Gründe für eine Rückumstellung  aus Sicht der Landwirte waren zu
hohe Kosten für Kontrolle  und Zertifizierung des Ökolandbaus sowie für den Zukauf  ökologisch
zertifizierter Futtermittel Die hohe Bedeutung  ökonomischer Motive verwundert auf den ersten Blick, da die  Auswertungen
der deutschen Testbetriebsnetzdaten seit  Jahren im Durchschnitt höhere Ei nkommen
in den  Ökobetrieben ausweisen. Dahinter verbergen sich allerdings  sowohl Betriebe
mit deutlich höheren als auch deutlich  niedrigeren Einkommen als ihre  konventionellen
Vergleichsbetriebe. Für die Entscheidung  zur Rückumstellung dürften aber vor allem
die persönlichen  Einschätzungen der Betriebsleiter und weniger der direkte  Einkommensvergleich
mit anderen Betrieben entscheidend  sein.
Zu den zentralen Gründen für die Rückumstellung  zählten auch Probleme mit den Ökorichtlinien
und der  ökospezifischen Kontrolle. In der Befragung wurde in diesem  Zusammenhang
insbesondere ein zu hoher zeitlicher Aufwand  für Nachweise und Kontrollen,
komplizierte Ökorichtlinien,  zu strenge und einschränkende Richtlinien und  Kontrollen
sowie Probleme mit der Umsetzung der  Ökostandards erwähnt. Explizit genannt wurden
in diesem  Zusammenhang die 100 Prozent Biofütterung und die  auslaufenden Ausnahmeregelungen
für die Anbindehaltung bei  kleineren Kuhbeständen. Weitere  produktionstechnische
Schwierigkeiten wie die Zunahme des  Unkrautdrucks, unsichere oder stark
schwankende Erträge, zu  niedrige Erträge im Pflanzenbau und Probleme mit der  Nährstoffversorgung
hatten eine etwas geringere Bedeutung  für die Rückumstellung. Als eher
unwichtig wurden u. a.  Probleme mit der Tiergesundheit oder mit  Pflanzenkrankheiten
und die Ablehnung des Ökolandbaus durch  Kollegen oder das persönliche Umfeld eingestuft.
Bedeutung  der Rückumstellungsgründe von Betrieb zu Betrieb  unterschiedlich Die beschriebenen Gründe betreffen  allerdings nicht jeden rückumgestellten Ökobetrieb  in
gleicher Weise. Die nach Erwerbsform, Betriebsgröße und  Betriebstyp differenzierte Analyse
der Befragungsergebnisse  verdeutlicht folgende Zusammenhänge zwischen  Betriebsstrukturen
und Rückumstellungsgründen:
VI  Zusammenfassung
– Hauptberuflich arbeitende Landwirte sahen  produktionstechnische Themen wie geringe
Erträge im  Pflanzenbau sowie mangelnde Kooperationsmöglichkeiten mit  anderen
Ökolandwirten im Vergleich zu den nebenberuflich  wirtschaftenden Landwirten deutlich
häufiger als wichtig  an. Das dürfte u. a. an dem insgesamt höheren  Intensitätsniveau
in der Bewirtschaftung, den höheren  Erwartungen der Betriebsleiter an die Erträge
im  Pflanzenbau und dem dafür erforderlichen  Nährstoffmanagement liegen.
– Den Aufwand für Nachweise und  Kontrollen zum Ökolandbau sowie die damit  verbundenen
Kosten wurden vor allem von kleinen Betrieben  als zu hoch bewertet. Zu
geringe bzw. stark schwankende  Erträge waren dagegen – korrespondierend zu den
oben  genannten Ergebnissen – eher für die größeren Betriebe ein  Problem Deutliche Unterschiede in der Bedeutung der  Rückumstellungsgründe konnten auch
zwischen Betrieben mit  unterschiedlicher Ausrichtung festgestellt werden:  „Keine
Einkommensverbesserung mit Ökolandbau“ wurde als  Rückumstellungsgrund von
Veredlungsbetrieben, Schaf- und  Ziegenbetrieben, Mutterkuh- und Rindermastbetrieben
sowie  Betrieben mit nicht weiter spezifiziertem Futterbau (u. a.  Pensionspferdehaltung)
deutlich häufiger genannt als von  den Betriebsleitern der anderen Betriebstypen
(Ackerbau,  Gemischt, Milchvieh). Die Betriebsleiter der Schaf- und  Ziegenbetriebe,
Mutterkuh- und Rindermastbetriebe sowie von  Betrieben mit nicht weiter spezifiziertem
Futterbau gaben  darüber hinaus überdurchschnittlich häufig  Vermarktungsprobleme
als Rückumstellungsgrund an, was wohl  eine Ursache für die schlechteren
Einkommensmöglichkeiten  darstellt. Bei den Veredlungsbetrieben waren vor  allem
neben schlechteren Einkommensmöglichkeiten hohe  Kosten für Zukauffutter und
100 Prozent Biofütterung  hervorstechende Rückumstellungsgründe Insgesamt betrachtet  gab es für die Rückumstellung der Ökobetriebe auf eine  konventi onelle
Wirtschaftsweise in der Regel nicht den  allein entscheidenden Rückumstellungsgrund.
Vielmehr war es  meist ein Bündel von persönlichen und betrieblichen sowie  externen
Faktoren, das beim einzelnen Betriebsleiter  letztendlich zur Entscheidung der Rückumstellung
geführt  hat. In vielen Fällen gab es einen letzten Auslöser, der  diese für die
Betriebsleiter schwierige Entscheidung dann  am Ende eindeutig machte. Der Entscheidungsprozess
selbst  zog sich häufig über einen Zeitraum von mehreren Jahren  hin. Die aus
Sicht vieler Rückumsteller unzureichende  Wirtschaftlichkeit und auch fehlende  Entwicklungsperspektiven
im ökologischen Landbau hatten zur  Folge, dass mit dieser Wir tschaftsweise
verbundene  Erschwernisse und Ärgernisse nicht länger toleriert  wurden.Neun typische Gründe-Konstellationen
Auch wenn die  Gründe für die Rückumstellung sehr betriebsindividuell  sind, können die
verschiedenartigen Problemsituationen  durch neun typische Rückumstellungs -
Konstellationen  charakterisiert werden:
Typ 1 »Ökologische Tierhaltung für  „nebenbei“ zu aufwändig«
Dieser Typ repräsentiert im  Nebenerwerb bewirtschaftete, viehhaltende  Grünlandbetriebe
mit einer extensiven Grundausrichtung,  denen sich zu einer bestimmten Zeit durch die Teilnahme an  der Ökoförderung die höchsten Flächenprämien boten. Die
mit  der ökologischen Wirtschaftsweise verbundenen  Zusatzauflagen stellen die Betriebsleiter
jedoch vor hohe  fachliche, finanzielle und zeitliche Aufwendungen (z.  B.
Beschaffung von Betriebsmitteln, Dokumentation und  Kontrolle). Aufgrund fehlender
ökologischer Absatzwege für  die Tiere ist eine rentable Ökoproduktion nicht  möglich.
Typ 2 »Bauliche Voraussetzungen ungeeignet für die  ökologische Tierhaltung«
Dieser Rückumstellungs-Typ steht  für kleine Mutterkuh- und Milchvieh- sowie  Gemischtbetriebe,
denen die betrieblichen  Anpassungsmöglichkeiten an  auslaufende
Ausnahmegenehmigungen in der Tierhaltung (z. B.  Verbot der Anbindehaltung) fehlen.
Ungünstige bauliche  Voraussetzungen in der Hofstelle, kleine Betriebsgrößen
und  unklare Entwicklungsperspektiven lassen für diese Betriebe  keine größeren und
wirtschaftlich tragfähigen Investitionen  in den Stallneu- oder -umbau zu.
Typ 3 »Ökolandbau für  alters- oder gesundheitsbedingt auslaufende  Familienbetriebe
zu aufwändig«
Die Gründe für die Rückkehr  zum konventionellen Landbau konzentrieren sich bei
diesem  Typ auf den betriebsinternen Bereich. Wesentlicher Engpass  ist hier die Verfügbarkeit
von Familienarbeitskräften, da  eine junge nachwachsende Generation fehlt
oder andere  mithelfende Altenteiler nicht mehr zur Verfügung  stehen.
Typ 4 »Richtlinienverschärfung: 100 Prozent  Biofütterung«
Die Richtlinienverschärfungen im Bereich der  Fütterung von Wiederkäuern und der
damit verbundene  vollständige Ausschluss des Einsatzes konventioneller  Futterkomponenten
sind in schaf- und rinderhaltenden  Haupterwerbsbetrieben häufig der  entscheidende
Ausstiegsgrund. Es fehlen entweder  Öko-Kooperationspartner bzw. Futterlieferanten
im näheren  Umfeld oder bisher praktizierte „einfache Lösungen“, wie
z.  B. die trockene Winterweide beim konventionellen  Nachbarbetrieb, sind nicht mehr
möglich. Zudem führt die am  Markt fehlende Honorierung des erhöhten Kostenaufwandes
für  die Futterbeschaffung zu Einbußen in der Wirtschaftlichkeit  der Betriebe.
Typ 5 »Ohne Intensivierung kaum  Entwicklungswege offen«
Dieser Typ repräsentiert die  Ausstiegssituation, wie sie auf vergleichsweise  intensiv
bewirtschafteten Milchviehbetrieben vorgefunden  werden kann. Kennzeichnend für
diese Betriebe ist eine  Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation durch  verschiedene
externe und interne Faktoren (Verlust von  Flächen, ungelöste produktionstechnische
Probleme,  steigende Produktionskosten, zu geringe Ökozuschläge).  Eine
Verbesserung der Situation ist für den Betriebsleiter  bzw. den designierten Hofnachfolger
nicht absehbar.
Typ 6  »Konventionelle Bewirtschaftungsalternativen  konkurrenzlos«
Entscheidend für den Ausstieg aus der  ökologischen Bewirtschaftung sind bei diesem
Typ weniger  betriebliche oder produktionstechnische Schwierigkeiten als  primär die
Veränderung externer Rahmenbedingungen wie  beispielsweise die Einführung  des
Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), verringerte  Ökoprämien und ein gestiegenes Preisniveau für  konventionelle Agrarprodukte. Obwohl das System Ökolandbau  gut
funktioniert und rentabel ist, sind konventionellen  Alternativen wie der Energiepflanzenanbau
so attraktiv,  dass die Betriebe auf eine konventionelle  Wirtschaftsweise
rückumstellen.
Typ 7 »Ohne eigene  Tierhaltung oder Kooperationspartner geht es langfristig  nicht«
Mit diesem Typus wird die auf spezialisierten  Ackerbaubetrieben vorgefundene  Ausstiegssituation
umschrieben. Die Betriebsleiter finden  keinen Weg, um ein sinkendes
Ertragsniveau durch höhere  Preise zu kompensieren oder neue Quellen zur Verbess  erung
der Nährstoffversorgung zu erschließen. Eine  Neustrukturierung des Betriebs
und der Aufbau einer eigenen  Tierhaltung kommen für die Betriebsleiter und  Hofnachfolger
nicht in Frage.
Typ 8 »Enttäuschte  Ökopioniere«
Dieser Rückumstellungs-Typ definiert sich als  einziger Typus ausschließlich über die
Person des  Betriebsleiters. Dieser gehört zu den Pionieren des  ökologischen Landbaus,
ist aber aus unterschiedlichen  Gründen von den Entwicklungen innerhalb des
Ökosektors  enttäuscht und will diese nicht mehr mittragen. Konkrete  Ärgernisse, unter
anderem bei der Ökokontrolle, sind häufig  das „I-Tüpfelchen“, das zur  endgültigen
Ausstiegsentscheidung führt.
Typ 9 »Allein auf  weiter Flur«
Dieser Rückumstellungs-Typ charakterisiert  eine Situation, in der es den Betrieben
aufgrund fehlender  öko-spezifischer Strukturen in der Region sowohl an  ökologisch
ausgerichteten Bezugs- und Absatzkanälen als  auch an Vernetzung mit anderen  Ökobetrieben
fehlt.
Intensivierung der Produktion nach  Rückumstellung Der Ausstieg aus dem Ökolandbau und seinem  Regelwerk schafft Möglichkeiten, den Betrieb
neu  auszurichten. Wie die Ergebnisse der Befragung zeigen,  intensivierten die mei sten
Betriebe im Anschluss an die  Rückumstellung ihre Produktion (höherer Einsatz von
Dünge-  und Pflanzenschutzmitteln sowie höherer Kraftfutterzukauf).  Dies war vor allem
bei den Haupterwerbsbetrieben der Fall  und weniger bei Betrieben, die bereits vor der
Umstellung  auf ökologischen Landbau relativ extensiv gewirtschaftet  hatten. Eine weitere
häufig zu beobachtende Veränderung  nach der Rückkehr zum konventionellen Landbau ist
der  Rückgang des Anbaus von Körnerleguminosen und Ackergras,  während der Energi epflanzenanbau
an Bedeutung gewinnt.  Darüber hinaus sinkt typischerweise nach der
Rückumstellung  der Bedarf an Arbeitskräften.
Ökolandbau weiterhin eine  noch denkbare Zukunftsoption
Für viele Rückumsteller bleibt  eine Rückkehr zur ökologischen Wirtschaftsweise  eine
denkbare Option, soweit langfristige  Investitionsentscheidungen einen Wiedereinstieg
nicht  ausschließen. Als Voraussetzungen wurden hierfür in der  schriftlichen Befragung
und in den Interviews vor allem  höhere Preise für Ökoprodukte, geringere Kontrollkosten ein  vereinfachtes Kontrollverfahren, verlässlichere und höhere  Ökoprämien, eine bessere
Organisation der Vermarktung und  weniger strenge Richtlinien genannt.
Handlungsoptionen –  Pauschale Ansätze wenig hilfreich
Die Ergebnisse dieser  Arbeit machen deutlich, dass die Rückkehr von Ökobetrieben  zu einer
konventionellen Wirtschaftsweise durch sehr  unterschiedliche persönliche, betriebliche
sowie externe  Faktoren hervorgerufen werden kann. Wenn der ökologische  Landbau
nicht mehr zu den persönlichen und betrieblichen  Voraussetzungen passt, ist eine Rückkehr
zur  konventionellen Wirtschaftsweise eine naheliegende und für  den Betrieb vermutlich
die bessere Entscheidung. Trotz der  politisch gewollten Ausdehnung des ökologischen
Landbaus in  Deutschland sind daher auch zukünftig Rückumstellungen als  nicht
immer vermeidbar anzusehen. Die ökologische  Wirtschaftsweise ist für die Mehrheit der
Landwirte eine  von mehreren Unternehmensstrategien, die erfolgreich oder  auch nicht erfolgreich
sein kann, und keine normative  Grundsatzentscheidung.
Die Vielfalt der betrieblichen  Rückumstellungs-Konstellationen bedingt, dass es keine  zentrale und für alle Betriebe passende Stellschraube gibt,  mittels derer Rückumstellungen
in Zukunft vermieden werden  könnten. Gefragt ist vielmehr ein Bündel an  verschiedenen
Maßnahmen, das zu einer Verbesserung der  Rahmenbedingungen für alle ökologi sch  wirtschaftenden
Betriebe beiträgt, damit eine  Rückumstellung erst gar nicht zu einem betrieblichen
Thema  wird. Die Schaffung eines kohärenten Politikrahmens, der  langfristig zu einer
erhöhten Wettbewerbsfähigkeit des  ökologischen Landbaus gegenüber der  konventionellen
Wirtschaftsweise führt, ist in diesem  Kontext eine zentrale Herausforderung. Zu e  iner
Verbesserung der Rahmenbedingungen können eine über  mehrere Jahre hinweg verlässliche
Förderung des  ökologischen Landbaus sowie eine Verbesserung der  Vermarktungsbedingungen
beitragen. Um die  Wirtschaftlichkeit des ökologischen Landbaus  langfristig
sicherzustellen, sind ferner geeignete  Maßnahmen notwendig, die zu einer Steigerung
der Ertrags-  und Produktionsleistungen auf den Ökobetrieben  führen.
Darüber hinaus sollten die Akteure des ökologischen  Sektors und die zuständigen Einrichtungen
der  Agrarverwaltung bestrebt sein, die Transparenz und  Praktikabilität der Richtl inien
zu verbessern, die  Schwachstellen der Ökokontrolle abzubauen und die  Beratung
auszubauen. Der Ausbau der Beratung erscheint  insbesondere für potenzielle Neueinsteiger
in den  Ökolandbau angebracht, denn vielfach scheinen falsche  Vorstellungen über die
mittelfristig erzielbaren  Naturalerträge und Leistungen zu bestehen. Hinzu kommen  offensichtlich
immer wieder auch falsche Erwartungen, was  die Organisation der Vermarktung
und die erzielbaren Preise  anbelangt. Hier sind von Seiten der Ökolandwirte höhere  Anstrengungen
erforderlich als im konventionellen Bereich  üblich. Über eine obligatoris che
Erstberatung als  Voraussetzung für die Anmeldung zur Ökokontrolle sollte  daher im Ökosektor
nachgedacht werden.},
      url = {http://ageconsearch.umn.edu/record/177307},
      doi = {https://doi.org/10.22004/ag.econ.177307},
}