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Abstract

Das Kyoto-Protokoll zur UN-Klimarahmenkonvention setzt verbindliche Treibhausgasemissionsziele für Industrieländer, die allerdings erst im Zeitraum 2008-2012 gelten. Da für die Zeit bis 2008 mit einem erheblichen Emissionsanstieg zu rechnen ist, wird über Ansätze nachgedacht, schon vorher Anreize für Emissionsverringerungen zu setzen. Frühzeitige Emissionsverringerung reduziert das Risiko, klimatische Schwellenwerte zu überschreiten, die nichtlineare Veränderungen im Klimasystem auslösen. Außerdem wird der normale Investitionszyklus ausgenutzt, indem Neuinvestitionen emissionsärmer ausfallen. Dies verursacht keine oder nur geringe Kosten. Dazu bedarf es konkreter Anreize, die unterschiedlich ausfallen können. Während in Nordamerika eine freiwillige vorzeitige Anrechnung von Emissionsverringerungsmaßnahmen auf die Verpflichtungen des Kyoto-Protokolls diskutiert wird, werden in Europa konkrete marktwirtschaftliche Instrumente wie Emissions- oder Energiesteuer sowie Emissionsrechtshandel geplant und teilweise bereits umgesetzt. Die vorzeitige Anrechnung erzeugt einen Anreiz zur Emissionsverringerung in den erfaßten Sektoren. Allerdings wirkt dieser Anreiz nur indirekt, da der Preis für Emissionsrechte von der Wahrscheinlichkeit der Umsetzung des Kyoto-Protokolls und davon abhängt, ob und in welchem Maße das Unternehmen zukünftigen Regulierungen unterworfen sein wird. Entscheidend ist nun die Wahl des Referenzszenarios, das zur Berechnung der Anzahl der Emissionsrechte herangezogen wird. In den nordamerikanischen Vorschlägen werden dazu höchst unterschiedliche Verfahren angewandt. Die Berücksichtigung bereits erfolgter Verringerungen sowie von Verringerungen im Ausland und Kohlenstoffspeicherung in Biomasse ist umstritten. Die Bestimmung des Referenzszenarios führt unweigerlich dazu, daß manche Verringerungen nicht angerechnet werden; beispielsweise solche aus verändertem Konsumverhalten. Vorzeitige Anrechnung führt zu Umverteilungseffekten, die enorme Größenordnungen erreichen können. Jede Zuteilung von Emissionsrechten zwingt die Nichtteilnehmer zu höheren Anstrengungen während der Zielperiode. Dabei handelt es sich voraussichtlich um die Unternehmen mit den höchsten Verringerungskosten. Diese Effekte wirken desto stärker, je höher der Anteil von Emissionsrechten ist, der für vergangene oder fiktive Emissionsverringerungen ausgegeben wurde. Vorzeitige Anrechnung ist also ein Instrument mit deutlichen Schwächen. Marktorientierte Instrumente sind eindeutig vorzuziehen. Auch kommt die vorzeitige Anrechnung nicht mit einfachen Regeln aus; der für ihre Einführung notwendige Regelungsaufwand sollte lieber in die Schaffung von Anreizsystemen investiert werden, die bruchlos in die Zielperiode des Kyoto-Protokolls einmünden. Falls diese jedoch politisch nicht durchsetzbar erscheinen, ist die vorzeitige Anrechnung dem Verzicht auf jegliche Klimapolitik vorzuziehen.

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